Mutationen im Zöruloplasmin Gen (CP-Gen), das für die Bildung von Zöruloplasmin kodiert, sind für die Aceruloplasminämie verantwortlich, eine Form der NBIA, die durch Eisenakkumulation sowohl im Gehirn als auch in viszeralen (inneren) Organen gekennzeichnet ist.

Die Erkrankung wurde hauptsächlich in Japan untersucht, wo sie bei etwa einem von 2 Millionen Erwachsenen auftritt. Es ist unklar, wie oft sie in anderen Populationen vorkommt.

Das Alter des Beginns ist 25 bis 60 Jahre und älter. Psychiatrische Probleme bei Patienten sind Depressionen und kognitive Dysfunktion bei Personen über 50 Jahren. Die Lebenserwartung variiert bei Menschen mit Aceruloplasminämie, aber aufgrund der Verbesserung der medizinischen Versorgung leben heute mehr Betroffene weit in das späte Erwachsenenalter hinein.

Die Hauptsymptome sind Netzhautdegeneration, Diabetes und neurologische Erkrankungen im Zusammenhang mit Eisenansammlungen in den Basalganglien. Zu den Bewegungsproblemen gehören Gesichts- und Halsdystonie (unwillkürliche Muskelkontraktionen mit sich wiederholenden Bewegungen, oder schmerzhafte Haltungen), Blepharospasmus (Lidspasmen), Zittern und ruckartige Bewegungen.

Klinische Diagnose

Personen mit Aceruloplasminämie begeben sich oft in ärztliche Behandlung wegen Anämie (im Alter ab etwa 15 Jahren), bereits vor Beginn von Diabetes mellitus oder neurologischen Symptomen. Die körperlichen Merkmale der Krankheit, ihre  phänotypische Expression, variieren, sogar innerhalb von Familien.

Eine der Hauptindikationen für eine Aceruloplasminämie-Diagnose ist der Nachweis einer Eisenansammlung im Gehirn und in einigen inneren Organen. Um Aceruloplasminämie richtig diagnostizieren zu können, sind daher sowohl Hirn- als auch Bauch-MRIs notwendig. Die MRI wird auf T1- und T2-gewichteten Bildern Anzeichen einer Eisenansammlung im Gehirn (Striatum, Thalamus, Dendate Nukleus) und in der Leber zeigen.

Die Labortests zeigen auch das Fehlen von Serum-Ceruloplasmin, einem kupferhaltigen Protein, und einer Kombination aus niedriger Serum-Kupferkonzentration, niedriger Serum-Eisenkonzentration, hoher Serum-Ferritin- (ein Protein, das es Zellen ermöglicht, Eisen zu speichern) Konzentration und erhöhter Eisenkonzentration in der Leber.

Bei den meisten Betroffenen treten die drei Hauptsymptome (Netzhautdegeneration, Diabetes mellitus und neurologische Erkrankungen) erst im Erwachsenenalter auf.

Retinale Degeneration wurde bei 93 Prozent der japanischen Individuen mit Aceruloplasminämie gefunden[Miyajima, et. al., 2003]. Die Sehschärfe wird nicht beeinträchtigt.

Symptome

Die Symptome der Aceruloplasminämie können in der Alterspanne von 25 bis über 60 Jahren beginnen sich zu entwickeln.

Häufige Symptome

           -Gangataxie (ruckhaftes, unsicheres Gehen).

            -Extremitätenataxie (ruckartige, instabile Bewegung).

Diagnose und Untersuchungen

Die Diagnose der Aceruloplasminämie erfolgt durch eine Kombination von Laborbefunden, sowie einem MRI des Gehirns und des Bauchraums.

Laboruntersuchungen

Gehirn und Bauch-MRI

Gentest, um die Veränderung in den zwei Kopien des CP-Gens zu finden. Die Gentests erfolgen durch Sequenzanalyse, die in >92% der Fälle die Genveränderung feststellen kann.

Selten kann bei einer Person mit den Anzeichen und Symptomen einer Aceruloplasminämie nur eine oder keine CP-Genveränderungen gefunden werden. Dies kann passieren, weil die genetischen Tests nicht perfekt sind und bestimmte Einschränkungen haben. Es bedeutet nicht, dass die Person keine Aceruloplasminämie hat; es kann bedeuten, dass man noch nicht die Technologie hat, um die versteckten Genveränderungen zu finden. In diesen Fällen wird es sehr wichtig, Ärzte mit Erfahrung mit Aceruloplasminämie zu haben, die MRI und die Symptome der Person sorgfältig prüfen, um die Diagnose so sicher wie möglich zu stellen.

Management

Es gibt keine Standardbehandlung für Aceruloplasminämie. Ein Team von Medizinern empfiehlt Behandlungen, die auf den aktuellen Symptomen basieren. Chelat-Bildung als Therapie sollte in Betracht gezogen werden, da sich Eisen sowohl im Gehirn als auch in den Körperorganen ansammelt.

Bewertung des Krankheitsverlaufs

Bestimmung des Ausmaßes der Erkrankung:

Der hohe Eisengehalt bei Personen mit Aceruloplasminämie kann mit einer Vielzahl von Therapien und Medikamenten behandelt werden. Dazu gehören: Eisenchelatbildner wie Desferrioxamin (intravenös) und Deferasiox (orale Medikamente), die manchmal verwendet werden, um die Serumferritinkonzentration zu verringern, die Eisenspeicherung in  Gehirn und Leber zu verringern und das Fortschreiten neurologischer Merkmale und Symptome bei symptomatischen Personen mit einer Bluthämoglobinkonzentration von mehr als 9 Gramm pro Deziliter zu verhindern.

Langzeitüberwachung bei Aceruloplasminämie

Die Symptome des Parkinsonismus können mit den gleichen Medikamenten behandelt werden wie bei der Parkinson-Krankheit. Die Behandlung mit Dopamin-Agonisten (wie Levodopa) muss eingeleitet und sorgfältig überwacht werden. Zu Beginn wird die Dosis schrittweise erhöht, bis sowohl der Patient als auch der Arzt finden, dass die Symptome unter Kontrolle sind. Bei der Einnahme von dopaminergen Medikamenten müssen die Patienten regelmäßig auf das Auftreten unerwünschter neuropsychiatrischer Wirkungen, psychiatrischer Symptome und die Verschlimmerung des Parkinsonismus kontrolliert werden. Der Nutzen der Behandlung dauert in der Regel nur wenige Jahre und wird schließlich durch die Entwicklung von behindernden Dyskinesien (Schwierigkeiten bei der Durchführung beabsichtigter Bewegungen) begrenzt.

Auch nach der Diagnose und der Entscheidung über die geeigneten Therapien wird empfohlen, die Langzeitüberwachung fortzusetzen, um die Auswirkungen der Symptome der Aceruloplasmamie zu verringern und die Lebensqualität zu erhöhen.

Ursachen

Mutationen im Zöruloplasmin Gen (CP-Gen, engl. Ceruloplasmin) sind für die Aceruloplasminämie verantwortlich. Die Mutationen werden autosomal rezessiv vererbt. „Autosomal“ bezieht sich auf die Tatsache, dass sich das CP-Gen auf dem Chromosom 3 befindet, das eines der Autosomen ist. „Rezessiv“ bezieht sich auf die Tatsache, dass eine Genveränderung in beiden Kopien des CP-Gens vorhanden sein muss, damit eine Person eine Aceruloplasmamie bekommt.

Die Mutationen im CP-Gen, die zu Aceruloplasminämie führen, sind bekannt. Das Gen CP kodiert für ein Protein namens Zöruloplasmin, das Kupfer im Blut transportiert und eine Rolle im Eisenstoffwechsel (Abbau) spielt.

Eine Person mit nur einer CP-Genveränderung wird als „Träger“ bezeichnet. Die Träger haben keine gesundheitlichen Probleme im Zusammenhang mit der Genveränderung und wissen oft nicht, dass sie eine rezessive Genveränderung tragen. Wenn zwei Träger ein Kind zusammen haben, dann besteht eine 25%ige Chance, dass sie beide ihre rezessiven CP-Genveränderungen weitergeben und ein Kind mit Aceruloplasminämie bekommen und eine 50%ige Chance, dass das Kind ein Träger wie seine Eltern ist und eine 25%ige Chance, dass das Kind nicht Aceruloplasminämie hat und auch nicht Träger ist.

Untersuchungen auf Trägerschaft bei Verwandten und pränatale Untersuchungen bei Risikoschwangerschaften sind möglich, wenn beide krankheitsverursachenden Mutationen bei einem betroffenen Familienmitglied identifiziert wurden.

Pränatale Untersuchungen

Wenn die krankheitsverursachenden Mutationen in einer Familie identifiziert wurden, ist die pränatale Diagnose bei Schwangerschaften mit erhöhtem Risiko  möglich. Dies geschieht durch Analyse der DNA aus fetalen Zellen, die durch Amniozentese (in der Regel nach 15 bis 18 Wochen Schwangerschaft) gewonnen werden  oder durch Probenahme aus Chorionzotten, den fingerähnlichen Vorsprüngen aus dem den Fötus umgebenden Außensack (in der Regel nach 10 bis 12 Wochen Schwangerschaft).

Das Screening von Embryos vor der Implantation kann für einige Familien, in denen die krankheitsverursachenden Mutationen identifiziert wurden, eine Option sein.

Bitte beachten Sie den Link in der rechten Spalte auf dieser Seite für weitere detaillierte Informationen über Aceruloplasminämie bei Gene Reviews, die als Quelle für einige der oben genannten Informationen verwendet wurde.

Gene Reviews Autor:

Hiroaki Miyajima, MD

First Department of Medicine

Hamamatsu University School of Medicine

Hamamatsu, Japan

miyajima@hama-med.ac.jp